Sehr geehrte Eltern,
das Familiengericht hat ein familienpsychologisches Gutachten in Auftrag gegeben, von dem es sich Hilfe zur Klärung oder Lösung der gerichtlichen Fragestellungen erhofft. Um Ihnen eine erste Orientierung für eine solche Begutachtung zu geben, werden im Folgenden ein paar wichtige Fragen angesprochen, die viele Eltern in solchen Situationen haben.
Warum schaltet das Gericht zusätzlich einen Sachverständigen ein, was ist dessen Rolle?
Bei einigen familienrechtlichen Fragen, wenn sie die Situation von Kindern betreffen, will das Gericht psychologisches Wissen in seine Überlegungen einbeziehen. Psychologisches Wissen oder Empfehlungen wird das Gericht aber stets mit anderen Aspekten zusammen prüfen, wenn es seine Entscheidung trifft.
Ein psychologischer Sachverständiger entscheidet also nichts, sondern stellt dem Gericht lediglich die vom Gericht gewünschten Informationen auf der Basis psychologischen Fachwissens zur Verfügung.
Oft ist es auch so, dass das Gericht vom Sachverständigen auch erwartet, Sie als Eltern mit darin zu unterstützen, eine gute gemeinsame Lösung für Ihre Kinder und Ihre Familie in der aktuellen Situation zu finden.
Was kommt auf Eltern und was kommt auf die Kinder in einer solchen Begutachtung zu?
Grundsätzlich führen Sachverständige ausführliche Gespräche mit Ihnen und setzen manchmal Fragebogen ein, auch psychologische Testverfahren. Dies hilft dem Sachverständigen, Ihre Situation und die Ihrer Familie besser zu verstehen. Und es hilft Ihnen als Eltern, die Überlegungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen besser nachvollziehen zu können.
Es gibt keinen genau festgelegten Ablauf: Der Sachverständige passt sein Vorgehen der Situation Ihrer Familie und der gerichtlichen Frage an. Es gibt aber einen groben Rahmen:
- Meist werden dem Sachverständigen die Akte oder Teile der Akte vom Gericht zugesandt, damit er sich ein erstes Bild über den bisherigen Verlauf machen kann.
- Häufig steht am Anfang der eigentlichen Begutachtung das Erstgespräch mit Ihnen, den Eltern. Dies kann bei Ihnen zuhause oder in den Räumen des Sachverständigen durchgeführt werden. Ein solches Gespräch kann ein bis zwei Stunden oder länger dauern.
- Manchmal werden weitere Termine vereinbart, wenn Fragebogen oder psychologische Tests eingesetzt werden sollen.
Als nächstes wird der Sachverständige Ihr Kind/Ihre Kinder kennen lernen wollen. Ein Treffen mit Ihrem Kind kann in den Praxisräumen des Sachverständigen, also an einem für Ihr Kind neutralen Ort, stattfinden. Es kann aber auch in der Wohnung der Familie durchgeführt werden, also in einer Umgebung, die Ihrem Kind vertraut ist. Bei den Treffen mit Ihrem Kind/Ihren Kindern können auch psychodiagnostische Verfahren für Kinder eingesetzt werden, die dem Alter Ihres Kindes und der gerichtlichen Frage angepasst sind und die es dem Kind oft erleichtern, über seine Sicht der ganzen Angelegenheit zu sprechen.
- Ein weiterer Gesichtspunkt ist auch das Verhältnis zwischen Eltern und Kind. Manchmal kann es hierfür genügen, eine kurze Situation zwischen Ihnen und Ihrem Kind in Ihrem Haushalt anzuschauen, manchmal werden mehrere Male unterschiedliche Situationen zwischen Kindern und Eltern angeschaut.
- Schließlich kann es für den Sachverständigen wichtig sein, wie sich ein Kind in Schule, Kindergarten, Hort oder an anderen Orten außerhalb der direkten Familie verhält. Dann werden Sie als Eltern um entsprechende Einwilligung und um Schweigepflichtsentbindungen gebeten. Der Sachverständige führt dann mit diesen Fachpersonen – manchmal telefonisch –Gespräche.
Was kostet ein Gutachten an Zeit?
Sachverständige bekommen vom Gericht eine Frist gestellt, bis wann sie ihr Gutachten zu erstatten haben. Gerade weil die Probleme in den Familien oft drängen, sind diese Fristen sinnvoll.
Manchmal kann es allerdings auch notwendig sein, das Gutachten nicht so rasch abzuschließen:
- Wenn es zu zeitlichen Verzögerungen seitens des Kindes und der Eltern kommt (Urlaub, Umzug, Krankheit, Klinikaufenthalte, berufliche Verpflichtungen).
- Wenn bestimmte Fragen noch nicht hinreichend geklärt sind oder beobachtet werden muss, wie sich die Situation entwickelt.
- Wenn der Sachverständige eine vorläufige Lösung vorschlägt und diese – gemeinsam mit Ihnen als Eltern – noch beobachten möchte.
Manche Gutachten werden also innerhab der vom Gericht gesetzten Frist abgeschlossen sein, bei anderen kann dagegen eine längere Dauer sinnvoll sein. Bei einer längeren Dauer wird der Sachverständige dies in der Regel mit dem Gericht und Ihnen klären.
Und was steht am Ende eines Gutachtens?
Der Abschluss einer Begutachtung kann sehr verschieden sein. Sie als Eltern haben immer die Möglichkeit, an einer guten Lösung im Interesse ihrer Kinder aktiv mitzuwirken. Am Ende der Begutachtung wird ein schriftliches Gutachten erstattet. Solche Gutachten können – je nach Wunsch des Gerichtes – unterschiedlich ausführlich sein: Von einer wenige Seiten umfassenden Stellungnahme bis hin zu umfassenden und detaillierten Gutachten.
Oftmals wird es noch eine Verhandlung vor Gericht geben, zu der auch der Sachverständige geladen werden kann; z. B. wenn Sie das wünschen.
Wenn Sie noch weitere Fragen zur Begutachtung haben, können Sie diese gern Ihrem zuständigen Sachverständigen auch während der Begutachtung stellen. (Quelle: Salzgeber, 2018)